Aktuelles Matthaeus Archive - Seite 8 von 19 - Evangelische Kirchengemeinde Gütersloh

Ja, liebe Gemeinde, Maria ist uns Evangelischen immer noch ein bisschen fremd.

Ist Ihnen das auch so gegangen, als wir ihren Lobgesang im Wechsel gebetet haben und wir ihre Geschichte aus dem Lukasevangelium gehört haben ?

Maria – die gehört doch gefühlt eher in die katholische Kirche ? Oder ?

In der Tat: 

  • der Gedanke ihrer immer währenden Jungfrauenschaft
  • sie als Adresse von Gebeten: „Heilige Mutter Gottes erhöre uns … heilige Mutter Gottes bitte für uns.“
  • bis hin zu ihrer unbefleckten Empfängnis und ihrer Himmelfahrt

all das gehört in die katholische Tradition und ist uns trotz aller Ökumene immer noch ein bisschen fremd.

Aber Maria ist trotzdem fester Bestandteil der biblischen Botschaft. Wir haben es ja gerade gehört. Und es gibt noch viel mehr Texte im Neuen Testament, in denen sie vorkommt – bis hin zur weinenden Maria unter dem Kreuz Jesu.

Maria ist ja auch für uns die Mutter Jesu. Und damit nimmt sie unter den Frauen des Neuen Testaments eine herausragende Rolle ein.
Und deshalb dürfte sie eigentlich gerne mehr als einmal im Jahr im Mittelpunkt eines evangelischen Gottesdienstes stehen.
Heute möchte ich jedoch nicht über die Zumutung nachdenken, die die Botschaft des Engels Gabriel für sie bedeutete.

Auch soll es nicht um Josef gehen, der sie nach dem Matthäusevangelium heimlich verlassen wollte, als sie plötzlich schwanger war und er sich sicher war, dass er nicht der Vater sein konnte.

Es geht auch nicht um Marias Sorge, als der 12jährige Jesus in Jerusalem verloren gegangen war.

Und ich will auch nicht darüber nachdenken, wie weh es ihr getan haben muss, als ihr eigener Sohn sie mit den Worten verleugnete: „Wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.“

Nein, ich möchte heute darüber staunen, mit welchen Worten und Gesten und Bildern das Lukasevangelium versucht die größtmögliche Freude zum Ausdruck zu bringen.

Heute soll es deshalb um das hüpfende Kind im Leib der Elisabeth gehen, von dem wir gerade in der zweiten Lesung gehört haben – das Kind, das später einmal als Johannes der Täufer wichtig werden sollte.

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Wer als Frau selbst ein Kind bekommen hat, der weiß, wie sehr der Moment in Erinnerung bleibt, in dem sie das erste Mal Bewegungen ihres Kindes in sich gespürt hat.

Und dann dauerte es meist ja noch eine Weile, bis diese Bewegungen so stark wurden, dass sie auch der werdende Vater spüren konnte, wenn er seine Hand auf den Bauch seiner Frau legte.

Das sind bewegende Momente – Momente, die weder die Frau noch der Mann je vergessen.

Bei Elisabeth war es schon der 6. Monat ihrer Schwangerschaft, als Maria sie nach der Ankündigung des Engels besuchte. Bei Maria sollte es also noch ein bisschen dauern, bis auch sie die ersten Bewegungen ihres Kindes spüren würde.

Und dann geschah es: als sie in das Haus ihrer Verwandten Elisabeth kam, da hüpfte Johannes im Leib seiner Mutter.

Und er hüpfte vor Freude – gleichsam als würde das Kind im Mutterleib genau wissen, wer da zu Besuch gekommen ist.

Ich finde: Freude kann man durch kaum ein anderes Bild tiefer und anrührender und besser zum Ausdruck bringen.

Elisabeth versucht es anschließend mit Worten:

„Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wie geschieht mir, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt ?“

Doch diese Worte verblassen hinter dem vor Freude strampelnden Kind im Mutterleib.

Und so wundert es auch nicht, dass für Jesus Kinder immer eine besondere Rolle gespielt haben:

  • ob bei der Segnung der Kinder
  • oder wenn er vor seine Jünger ein Kind stellt und sagt: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“

Also: Kinder als Vorbild im Vertrauen.
Kinder, die von Hass und Neid und Macht und Verschlagenheit und Bosheit und von so vielem anderen noch nichts wissen.

Das alles lernen sie erst von uns Erwachsenen, nachdem sie das Licht der Welt erblickt haben.

Und wenn ich genauer darüber nachdenke, dann fällt mir nur ein Mensch ein, der diese hässliche Seite unseres Menschseins nicht mehr oder weniger gelernt und übernommen hat – und das war das Kind, das Maria erwartete, das Kind, das ein anderes Kind dazu gebracht hat, voller Freude im Mutterleib zu strampeln und so diesen Jesus zu begrüßen.

So verkündet jeder Fußtritt des Johannes die frohe Botschaft von der Ankunft Gottes in dieser Welt.

Und er lädt uns ein, auf diesen Jesus zu achten und uns an dem zu orientieren, was er als Erwachsener später einmal sagen und vorleben sollte.

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Seit nunmehr 3 Wochen versuchen auch wir uns in der Adventszeit auf das Kommen Jesu vorzubereiten.
Und in diesem Jahr ist alles anders, als sonst.

Aber ich finde genau darin liegt auch eine Chance.
Denn sonst ist die „Heilige Zeit“ immer auch eine überaus „Eilige Zeit“ gewesen – eine Zeit, in der das Eigentliche schon einmal in den Hintergrund geraten konnte.
In diesem Jahr ist es anders.
Keine Adventsfeiern, keine Weihnachtsmärkte, keine großen Verwandtentreffs, und alles ein wenig ruhiger – und mit Maske – und mit Abstand. So bekommen wir uns selbst verstärkt in den Blick.

Und wir können uns nicht so leicht aus dem Weg gehen.

Das kann belastend sein.

Aber es bietet auch die Chance die Adventszeit wieder mehr zu dem werden zu lassen, was sie ursprünglich einmal war: eine Zeit der Besinnung, eine Zeit der Vorbereitung und auch eine Fastenzeit.

Die violetten Antependien vor Altar und Kanzel weisen uns auf diesen in den letzten Jahrzehnten immer mehr verloren gegangenen Charakter dieser besonderen Zeit des Kirchenjahres hin.

Auf das Kleine zu schauen – auf die leisen Töne zu hören – und dabei auch sensibler aufeinander zu achten – bewusster über Gott und die Welt nachzudenken – sich selbst dabei auch kritisch zu hinterfragen – zu überlegen, was wirklich wichtig ist und was man als unnötigen Ballast getrost hinter sich lassen kann – und vieles mehr.

Das Hüpfen des Johannes im Mutterleib lädt uns genau dazu ein, indem es auf die Geburt Jesu hinweist.

Und spätestens in 4 Tagen haben wir endgültig vor Augen, dass Gott wirklich den Weg des Kleinen, den untersten Weg nimmt, um uns neu zu erreichen.

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Ja, ein hüpfendes Kind im Mutterleib kann so viel erzählen.

Deshalb möchte ich die verbleibenden Tage bis Weihnachten dazu nutzen, ein wenig zu werden, wie Johannes.

Ich möchte sein Vertrauen auf das, was kommen wird – die Geburt Jesu – mit ihm teilen.

Ich möchte mich von seiner Vorfreude anstecken lassen – und selbst durch mein „Strampeln und Hüpfen“ auch andere einladen ebenfalls ihren Blick auf das Weihnachtsgeschehen zu richten – und sich ebenfalls in der Stille darauf vorzubereiten.

Ich möchte mich durch den Blick auf das Kind im Stall und den Mann von Golgatha von der hässlichen Seite unseres Menschseins abwenden und auf die menschliche Seite schauen, die Jesus später vorgelebt hat, und die Maria in ihrem Lobgesang mit den Worten beschrieben hat:

„Seine Barmherzigkeit währet für und für bei denen, die ihm vertrauen.

Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.“

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Das eine Kind schien das alles schon gewusst zu haben und hüpfte deshalb im Mutterleib.

Und das andere Kind sollte später all das sein und tun, was Maria in ihrem Lobgesang besingt.

Und sie, Maria, sollte dieses Kind auf die Welt bringen.

Und über sie heißt es in der Weihnachtsgeschichte des Lukas ein Kapitel später:

„Sie behielt alle diese Ereignisse und Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.“

Wie oft wird sie in den folgenden Jahren darüber nachgedacht haben ?

Und als Mutter wird sie Jesu Reden und Tun begleitet haben – mit dem Stolz einer Mutter – aber auch mit den Sorgen einer Mutter.

Ja, auch wir Evangelen sollten ruhig mehr als einmal im Jahr über diese besondere Frau nachdenken.

Amen.

In diesen Wochen und Monaten der Corona-Pandemie werden uns auf allen Ebenen immer wieder schwierige Entscheidungen abverlangt. So war die Frage nach den Gottesdiensten an Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen eine besondere Herausforderung für unser Presbyterium. Wir haben uns mit großer Mehrheit dazu entschieden der Empfehlung unserer Landeskirche zu folgen und auf alle Präsenzgottesdienste zu verzichten. 

An Heiligabend werden wir einen gefilmten Gottesdienst aus der Martin-Luther-Kirche online auf unserem
Youtube-Kanal freischalten.

Hier geht's zu unserem YouTube Kanal http://www.youtube.com/c/EvangelischeKirchengemeindeG%C3%BCtersloh

Die Gottesdienste entfallen, nicht aber das Weihnachtsfest! Unsere Kirchen werden zwar an Heiligabend geschlossen bleiben, über die Feiertage und danach zu bestimmten Zeiten geöffnet sein. Sie können die geschmückte Kirche besuchen, die Krippen betrachten und ganz persönlich in der Stille zur Ruhe kommen. 

Die Pfarrerinnen und Pfarrer sind für Sie erreichbar. Bitte zögern Sie nicht, sich zu melden und um ein Gespräch zu bitten.

Unsere Glocken werden jeden Abend um 19:30 Uhr läuten und uns durch ihren Klang im Herzen verbinden. Wer mag, kann in dieser Zeit eine Kerze ins Fenster stellen.

Wir wollen unseren Verzicht auf Präsenzgottesdienste auch als Zeichen der Solidarität verstanden wissen, mit den Menschen, die auf den Intensivstationen unseres Landes ums Überleben kämpfen. Mit ihnen und ihren Angehörigen fühlen wir uns im Gebet verbunden und vertrauen auf die Worte von Dieter Trautwein: „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht endlos sein.“

Im Namen unseres Presbyteriums wünschen wir Ihnen Gesegnete Weihnachten.

Ja, die Adventszeit ist anders in diesem Jahr. Die Beschränkungen fallen oft schwer, Menschen sorgen sich um ihre Gesundheit, ihre Familie oder ihre berufliche Existenz. Und die Infektionszahlen steigen weiter.
Trotz alldem hat diese Zeit auch Positives: Die Zahl der Verkehrstoten ist ebenso zurückgegangen wie die Luftverschmutzung. Menschen haben mehr Zeit für sich selbst und ihre Lieben. In unserer Kirchengemeinde gibt es kreative Wege, Kontakt zu halten oder aufzunehmen. Das ist Neues im Werden.
Und das, was möglich ist, weiß ich mehr zu schätzen. So kann ich etwa durch das –bedauerliche – Verbot des Gemeindegesangs umso mehr die fein dosierte Musik bei adventlichen Momenten und Gottesdiensten in der Kirche oder beim lebendigen Adventskranz genießen.

Je dunkler die Nacht, desto heller strahlt ein Licht. Die biblischen Worte, die wir in diesen Wochen gesagt bekommen und weitersagen dürfen, erscheinen mir jetzt noch tröstlicher als früher: „Tochter Zion, freue dich sehr! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“ „Bereitet dem Herrn den Weg, denn der Herr kommt gewaltig.“ „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.“ Da wird mir warm ums Herz und Vorfreude auf das Weihnachtsfest stellt sich ein.

Doch mitten in dieses kuschelige Gefühl grätscht einer hinein, der so gar keine tröstlichen Worte hat: Johannes der Täufer. Auch er gehört zum festen Repertoire der Adventszeit. Schließlich gilt er als der „Prediger in der Wüste“, der den Weg Jesu vorbereitet.
Johannes macht keine Kompromisse: Er schleudert den Leuten schonungslos ins Gesicht, wie verlogen sie sind und dass sie sich schleunigst ändern müssen. Das beeindruckt viele seiner ZuhörerInnen so sehr, dass sie Johannes für den Messias, den ersehnten Retter, halten. Nichts da, sagt er und tauft Jesus. Erst danach fängt Jesus an, selbst zu predigen.

Dieser Johannes war mir noch nie geheuer. Das war schon so bei unserer ersten Begegnung, damals im Kindergottesdienst. Wir Kinder bekamen immer ein Bild aus der die Bibelgeschichte, um die es gerade ging. Das Bild von Johannes machte mir Angst: Es zeigte einen düster dreinblickenden Mann mit struppigen Haaren und wildem Bart. Johannes sah gefährlich aus und ein wenig irre, und vor allem sehr wütend.

Viel später erst habe begriffen, warum. Johannes war wütend, weil die Welt nicht so ist, wie Gott sie sich gedacht hat. Das ist ein guter Grund, wütend zu sein. Ist es heute noch.

Trotzdem konnte ich mich nie mit Johannes anfreunden. Auch jetzt stört er mich. Im Advent will ich ihn eigentlich nicht haben. Da mag ich‘s schön und gemütlich. Aber bei Johannes liegt statt Kerzendufts ein Hauch von Fegefeuer in der Luft.

Nein, davon will ich heute lieber nichts hören. Eher von Hirten, von Sternen und Engeln und froher Erwartung. Johannes stört da nur. Aber hier ist er, mitten im Advent. Warum, ist mir schon klar. Als Zeit der Vorbereitung ist der Advent eigentlich eine Zeit der Buße. Zeit, sich zu hinterfragen. Nachzudenken, was in meinem Leben nicht so läuft wie es soll.

 Es soll Leute geben, die im Advent tatsächlich verzichten und erst an Heiligabend Christstollen und Weihnachtsplätzchen essen. Machen Sie das? Nein? Ich auch nicht. Ich sag’s ja, Johannes ist ein klasse Bußprediger, aber er und Advent, das passt scheinbar so gut wie ein Glühweinstand in die Sahara.

Später in der Bibel ist wieder von Johannes die Rede. Da sitzt er im Gefängnis. Da aber Johannes im Gefängnis von den Werken Christi hörte, sandte er seine Jünger und ließ ihn fragen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert. (Matthäus 11, 2-6)

Jetzt sitzt er also im Knast, der Johannes. War ja klar. Hab ich schon auf dem Bild im Kindergottesdienst gesehen. Einer, der so streng und so wütend ist, der weiß nicht, wann man besser den Mund hält. Oder es ist ihm egal. Johannes hat vor keinem gekuscht. Bewundernswert eigentlich. Aber das konnte nicht gut gehen.

Johannes sagt, was Sache ist, und das spricht sich herum. Bis in die höchsten Kreise. König Herodes lässt sich das nicht bieten. Vielleicht plant dieser seltsame Wüstenheilige ja einen Aufstand. Herodes hat schon genug Ärger am Hals, noch mehr kann er sich nicht leisten. Also wegsperren, den Kerl, sicher ist sicher.
Johannes, ein politischer Gefangener. Ziemlich aktuell, nicht wahr? Wie viele werden auch heute weggesperrt oder verschwinden einfach, weil sie unbequeme Wahrheiten aussprechen.

Wenn ich mir Johannes im Gefängnis vorstelle, sehe ich nicht mehr den wütenden Propheten. „Bist du, der da kommen soll“, lässt er Jesus fragen. „Oder sollen wir auf einen andern warten?“ Da klingt Sehnsucht aus seinen Worten, Zweifel, auch Angst. Johannes weiß vermutlich: Ihm bleibt nicht mehr viel Zeit zu warten.

Warten kann sehr verschieden sein. Gerade im Advent. Da ist ungeduldiges Warten der Kinder, für die es noch eeeeewig ist bis Weihnachten. Noch elfmal schlafen, so lange noch!
Da ist gestresstes Warten vieler Erwachsener: Ups, keine zwei Wochen mehr bis Heiligabend, und ich muss noch Geschenke besorgen, Plätzchen backen, Weihnachtskarten schreiben und wo ist nochmal der Christbaumschmuck?
Angespanntes Warten: Gibt es wieder Streit, mit den Schwiegereltern, dem Exmann, der Freundin, den Geschwistern? Wir sollten uns doch nicht mit so vielen treffen wegen Corona. Aber wem absagen? Sorgenvolles Warten: Was ist, wenn ich mich anstecke und ins Krankenhaus muss?
Aber es gibt zum Glück auch leichtes, freudiges Warten.
Warten hat viele Facetten. Wie warten Sie?

Johannes hat von Anfang gewusst, wer dieser Jesus ist: Endlich, das ist er, auf den ich so lange gewartet habe. Jetzt aber, im Gefängnis, zweifelt er: Bist du der Kommende? Oder sollen wir auf einen anderen warten? Johannes ist unsicher geworden in seinem Warten.

Es ist ja nicht nur Johannes, der wartet, schon so lange. Andere haben vor ihm gewartet: Jesaja, der Licht herbeisehnt über dunkles Land. Micha, der träumt, wie Schwerter zu Pflugscharen werden. Hanna, dass Jerusalem Frieden findet. Maria, dass Gott die Mächtigen vom Thron stößt und die Niedrigen erhöht. Und wir warten noch immer. So lange schon. Da kommen Zweifel. Ist er es? Ist er es wirklich?

Bist du es?
Jesus antwortet Johannes. Und er vertröstet ihn nicht auf etwas, das irgendwann kommt. Er lenkt Johannes‘ Blick auf das Jetzt. Schau, was jetzt passiert. Blinde sehen. Lahme gehen. Tote stehen auf. Armen wird die Gute Nachricht gesagt.

Das Warten war nicht, ist nicht vergeblich. Gestrauchelte stehen wieder auf. Traurige können wieder lachen. Enttäuschte verlieben sich neu. Weil er da ist.  Und weil er auch jetzt kommt, in mein Warten und in deines, in die Zweifel und in die Sehnsucht, dass die Welt nicht so bleiben muss, wie sie ist. Dass das Leben nicht so bleiben muss, wie es ist. Dass ich nicht so bleiben muss, wie ich bin.

Dritter Advent. Die Krippe steht schon bereit. Noch ist sie leer. Bald wird sie vorne in der Kirche stehen, auf dem Bauernhof oder im Stadion. Und sicher in vielen Wohnzimmern. An der Krippe ist Platz für alle, die warten: für die Wütenden, die Sehnsüchtigen, die Traurigen und die Fröhlichen. Platz ist hier für Zweifel und Fragen. Platz ist hier für dich und mich. Weil er kommt. Er ist schon ganz nah. Ja. Er ist es wirklich. 

Amen.

Gebastelt wurden die Papierschiffchen von der Evangelischen Frauenhilfe Gütersloh, die damit ein Zeichen setzen möchte.

Angestoßen wurde die Aktion von der Westfälischen Frauenhilfe. Sie soll der Verstorbenen gedenken, die täglich im Mittelmeer ihr Leben verlieren, und gleichzeitig Solidarität mit den Seenotrettenden ausdrücken.

„Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“ Diesen Satz sagte die hannoversche Pastorin Sandra Bils im Juni 2019 auf dem Kirchentag in Dortmund.

Um auf die Situation im Mittelmeer hinzuweisen wurden alle Evangelischen Frauenhilfen, Gruppen und Interessierte in Westfalen dazu aufgerufen, Papierschiffchen zu falten. Die Schiffe aus Papier stehen für die Menschen, die im vergangenen Jahr im Mittelmeer ihr Leben verloren haben und die durch ein Schiff hätten gerettet werden können. „1319 Schiffchen sollten es je Ort werden, denn so viele Menschen fanden nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe im Jahr 2019 den Tod beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu flüchten.“

Die Evangelische Frauenhilfe Gütersloh ist diesem Aufruf gefolgt und hat fleißig gefaltet. Am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, sollten die Papierschiffe eigentlich auf öffentlichen Plätzen in Gütersloh zu sehen sein, um der Toten zu gedenken und auf die Situation im Mittelmeer hinzuweisen. Um angesichts der aktuellen Corona-Situationen Menschenansammlungen zu vermeiden, hat sich die Gütersloher Frauenhilfe dann allerdings dagegen entschieden. Stattdessen werden die Schiffchen im digitalen Adventskalender der Evangelischen Kirchengemeinde Gütersloh zu sehen sein.

Am 10. Dezember wird sich das Türchen mit den Papierschiffchen öffnen. Den digitalen Adventskalender hat die Kirchengemeinde erstellt, um den Menschen in Gütersloh in der Vorweihnachtszeit Hoffnung, Inspiration und Freude zu schenken. An jedem Tag im Dezember öffnet sich ein neues digitales Türchen zum Staunen und Entdecken. Mit Impulsen aus den einzelnen Regionen der Kirchengemeinde. Von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, von Musikern und Küsterinnen, von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gemeinsam gestaltet.

Das 10. Türchen des digitalen Adventskalenders

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