Verschiedenes (Standard) Archive - Seite 8 von 12 - Evangelische Kirchengemeinde Gütersloh

Sie fügen sich in ihre neue Umgebung ein, als hätten sie nie woanders gestanden, und doch fallen sie allein aufgrund ihrer Größe bei jedem Vorbeigehen auf: die Kunstwerke aus korrodiertem Stahl von Hans Kordes. Seit rund einer Woche stehen an 12 Stellen in der Gütersloher Innenstadt knapp 50 der zumeist großformatigen, bis zu vier Meter hohen Objekte des Künstlers aus Verl-Kaunitz. Eigentlich sollte die Ausstellung mit dem Titel „So Kunst es geht“ bis zum 1. November laufen. Aufgrund vielfacher positiver Resonanz wird sie nun um eine Woche verlängert – bis einschließlich Sonntag, 8. November. Kunst „umsonst und draußen“, mit Abstand und unabhängig von jeder Öffnungszeit erleben zu können, erhält ganz aktuell noch einmal einen zusätzlichen Wert, denn bekanntlich müssen alle Museen und andere Heimstätten für Kunst und Kultur in Deutschland den gesamten Monat November über wegen der Corona-Pandemie schließen. Umso mehr freuen sich Künstler Hans Kordes und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Fachbereichs Kultur, allen Interessierten diese Möglichkeit des Kunst-Spaziergangs durch die City noch eine Woche länger ermöglichen zu können. Auch nach Einbruch der Dunkelheit ist der Rundgang reizvoll, denn die Objekte werden beleuchtet.

Foto:
Mutter Heimat ruft (Martin-Luther-Kirche) -Ein russisches Denkmal in Wolgograd - in Gütersloh ein Balanceakt

 Es ist Teil meiner Kunst andere Kunstwerke, Menschen oder Denkmäler mit meinen „Schattenschnitten“ zu interpretieren. Meine bekannteste Arbeit ist hier sicherlich das Hermannsdenkmal. Mit wenigen Strichen ein Werk so zu interpretieren, das Betrachter es sofort erkennen, ist schon etwas Besonderes. Vor allem da ja der Schatten einer Figur oftmals gar nicht wahrgenommen wird.

Die Idee zu diesem Objekt kam mir bei der Betrachtung einer Fernsehdokumentation zum 75jähren Ende des 2. Weltkriegs. Die Figur erinnert stark an die „Marianne mit Tricolore“ auf den Barrikaden der französischen Revolution.

Es geht hier um das Erinnern an die Gefallenen des Weltkriegs und ursprünglich auch um den Sieg über Nazideutschland. Doch in dem Bericht besuchten sich ein russischer und deutscher Soldat die damals gegeneinander kämpften. Sie zeigt sich gegenseitig ihre Heimat. Als beide „im Schatten“ dieser Monumentalfigur gemeinsam weinten war es einfache, schlichte Versöhnung. Ohne Vorwurf, ohne Erwartung, ohne Wertung. Gemeinsam trauern, jeder für sich und um seine Lieben, doch gemeinsam und tief mit einander verbunden. Im ganzen Wissen um das Geschehen.

Die „Mutter Heimat“ auf einem Schwebebalken erinnert daran, dass das Gedenken an Kriegsgefallene (gerade in Zeiten von Political Correctness) oft ein „Balance Akt“ ist. Es ist nicht leicht den eigenen Toten zu gedenken, ohne dabei gleichzeitig den ehemaligen Feind zu erniedrigen. Versöhnung mit dem Wissen des Geschehenen muss das Ziel sein. Dass so etwas möglich ist, zeigen z.B. die Teilnahme deutsche Repräsentanten an den Feierlichkeiten zum D-Day in der Normandie. Und die zwei Veteranen aus der Dokumentation. Hans Kordes

Glaube, Hoffnung, Liebe (Apostelkirche)

1.Korinther/13 Das Hohelied der Liebe

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

Es sind die drei göttlichen Tugenden. Sie wurden 1924 vom Bildhauer Hermann Paul in einem Kunstwerk zusammengefasst, was man heute als „Kreuz der Camargue“ kennt. Das Original steht in Saintes Maries de la Mer.

Ich  selber habe mich vor ein paar Jahren einfach der Optik wegen in dieses Bild verliebt. Ohne den Hintergrund zu wissen oder zu hinterfragen. Erst Kunden brachten mir den Bibelbezug bei und viele Besucher teilten mir mit, dass es ihr Trauspruch sei.

Nicht ganz selbstkritisch frage ich mich, wie gedankenlos wir häufig mit religiösen Symbolen umgehen. Buddhistische Sprüche als Wandtattoo, Koransprüche auf T Shirts und  ein Kreuz an der Halskette, einfach weil es schön ist und  nicht weil ich glaube. Ich konsumiere schlicht Dinge, die anderen Menschen sehr viel bedeuten könnten. Nicht weil ich Böses will, sondern einfach weil ich gedankenlos bin. Der Kontext in dem ich sie trage, könnte den anderen sogar verletzen.

Wie gesagt, ich bin da sehr selbstkritisch und mir steht es nicht zu Ratschläge zu geben. Es soll mehr ein Anstoß für uns alle sein, gerade in Sinnfragen etwas achtvoller und nachdenklicher miteinander umzugehen.

Nichts desto weniger erfreue ich mich rein ästhetisch jeden Tag an dem Kunstobjekt, das mein Kollege vor nun fast 100 Jahren ersonnen hat.  Hans Kordes

Motette Koph und Resch (SW 491) aus dem Schwanengesang von Heinrich Schütz Ausführende: Bachchor Gütersloh Bettina Pieck, Orgel Leitung: KMD Sigmund Bothmann Predigt: Pfarrer Marco Beuermann

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Am Sonntag, 2. August um 11.00 Uhr findet auf der Wiese hinter der Johanneskirche (Pavenstädter Weg 11) ein Freiluftgottesdienst statt.

Musikalisch wird der Gottesdienst von Barbara Kammertöns am E-Piano und von Martin Stork an der Trompete gestaltet. Die Predigt und Liturgie hält an diesem Morgen Pfarrer Ulrich Klein. Auf den nötigen Sicherheitsabstand wird unter den Bäumen der Gemeindewiese natürlich gesorgt. Bei Regen findet der Gottesdienst in der Johanneskirche statt.

Alle GottesdienstbesucherInnen werden gebeten, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und 15 Minuten vor Beginn des Gottesdienstes einzutreffen, um sich vor Ort registrieren zu lassen.

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

noch ganz unter dem Eindruck der Ereignisse hier im Kreis Gütersloh rundum Tönnies lese ich den Predigttext für Sonntag. Und es kommen mir aus der erzählten biblischen Szene Themen entgegen wie: Nahrungsmittel, wirtschaftlicher Erfolg oder auch Misserfolg, Schuld, Arbeit unter harten Bedingungen, Schrecken und der Aufruf, anders zu leben.

Immerhin: es geht nicht um Fleisch, schon gar nicht um Billigfleisch, sondern um Fisch. Das ist vielleicht ein guter Hinweis, beide Lebenswelten, unsere und die des biblischen Textes, nicht vorschnell zu vermengen. Schließlich spielt die Szene aus dem Lukasevangelium zu anderer Zeit an einem anderen Ort. Hier der Text aus dem 5. Kapitel:

1Einmal drängte sich die Volksmenge um Jesus und wollte hören, wie er Gottes Wort verkündete. Jesus stand am See Gennesaret  2Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und reinigten die Netze. 3 Jesus   stieg in eines der Boote, das Simon gehörte. Er bat Simon, ein Stück vom Ufer wegzufahren. Dann setzte er sich und sprach vom Boot aus zu den Leuten. 4Als Jesus seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: »Fahre hinaus in tieferes Wasser! Dort sollt ihr eure Netze zum Fang auswerfen!«  5Simon antwortete: „Meister, wir haben die ganze Nacht hart gearbeitet und nichts gefangen. Aber weil du es sagst, will ich die Netze auswerfen.«  6Simon und seine Leute warfen die Netze aus. Sie fingen so viele Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten. 7Sie winkten die Fischer im anderen Boot herbei. Sie sollten kommen und ihnen helfen. Zusammen beluden sie beide Boote, bis sie fast untergingen.8Als Simon Petrus das sah, fiel er vor Jesus auf die Knie und sagte: „Herr, geh fort von mir! Ich bin ein Mensch, der voller Schuld ist!« 9Denn Schrecken ergriff ihn und die anderen, die dabei waren, weil sie einen so gewaltigen Fang gemacht hatten. 10So ging es auch Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus. Sie arbeiteten eng mit Simon zusammen. Da sagte Jesus zu Simon: »Hab keine Angst!  Von jetzt an wirst du ein Menschenfischer sein!« 11Da zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten Jesus.          

 

Ich steige gleich mitten in die Geschichte ein und zwar bei der Reaktion des Simon auf den Superfang, den sie gemacht haben. Seine Reaktion finde ich nämlich erstmal irritierend. Eher denkbar wäre ja so etwas gewesen wie:  „Hammer! Das war ja der Super-Tip. Jesus, kannst du uns nicht öfter so helfen. Dann könnten wir unsere Schulden bezahlen, Netze reparieren, sogar mal ein Fest feiern, - oder vielleicht auch eine Kooperative aufbauen. Dann hätten wir mit unseren Familien wenigstens etwas mehr Sicherheit und nicht ständig die Angst, in Schuldsklaverei zu müssen.“

So hätte es sein können. Doch Simon reagiert anders. Ihn packt der Schrecken. Biblisch ist er da in guter Gesellschaft. Immer wieder wird erzählt: wenn Menschen vom Geheimnis Gottes angesprochen werden, ist das für sie auch mit Schrecken verbunden. Vielleicht, weil sie etwas von der Macht Gottes spüren, das Gefühl haben, ausgeliefert zu sein, nicht mehr kontrollieren zu können. Und weil sie im Kontakt mit Gott ahnen: Mein Leben kann nicht so bleiben wie es ist.

Jesus, so beginnt unsere Szene, ist ja ins Boot von Simon gestiegen, um zu den vielen Menschen, die ihn aufsuchen, zu sprechen. Worüber hat er gesprochen? Über das Reich Gottes. Etwa so:  „Jetzt, heute und hier ist die Zeit gekommen, dass Gott einen neuen Anfang macht. Es geht um ein gutes Leben für die Abgehängten, die Armen, die  an Leib und Seele Erkrankten. Und Ihr: Ihr könnt dabei sein. Ihr sollt dabei sein Dazu ruft Euch Gott. Ändert Euer Leben!“

Ich vermute, Simon war beim Zuhören schon in den Bann von Jesus geraten, hatte dessen Macht gespürt. Sonst hätte er sich wohl kaum darauf eingelassen, gegen alle Fischererfahrung nochmal rauszufahren. Und als ihm mit dem Wahnsinnsfang diese

Macht auf den Leibe rückt, da wehrt sich etwas in ihm: „Nein. Geh weg!“ .

Simon, so lese ich die Geschichte, sieht in diesem Moment, wie weit weg sein Leben vom Reich Gottes ist. Wie wenig er in seinem Berufs- und Lebens-Alltag mit diesem Neuaufbruch zu tun hat, von dem Jesus ergriffen ist. Hier begegnet ihm der Anspruch, das eigene Leben zu ändern, ja ändern zu müssen!! Und schon ist der Widerstand da.

 

Und Jesus? Er ist Seelsorger, er sieht den Simon. Sieht seinen inneren Kampf, sieht vielleicht seine Sehnsucht und sieht auf jeden Fall das, was sich hinter der Abweisung verbirgt: die Angst.

Auf diese Angst spricht er Simon an: „Hab keine Angst!“ Und dann kommt der Auftrag: „Du bist jetzt ein Fischer im Reich Gottes.“

Und Simon ist getroffen, berührt, in der Bildlichkeit des Textes: von Jesus gefangen. In der Geschichte geschieht das von jetzt auf gleich. Vielleicht fasst sie auch im Zeitraffer zusammen, was in Wirklichkeit ein längerer Prozess war. Jedenfalls ändert Simon sein Leben, radikal. Lässt alles, was seinen Alltag vorher ausgemacht hat, und schließt sich Jesus an. Und mit ihm seine Kollegen Johannes und Jakobus.

 

Diese Geschichte hat, finde ich, einen eigenen Humor: dass im Augenblick des größten beruflichen Erfolgs die Fischer diesen in den Wind schießen und ganz neu etwas anderes beginnen. Wenn wir diese Geschichte heute hören: Wie provozierend ist das für eine Welt, in der meistens alles andere dem Wirtschaftserfolg untergeordnet wird!

Und: ich frage mich: Hilft diese biblischen Geschichte uns, das eigene Leben zu ändern? Weist  sie uns einen Weg aus der Schuld, in das System verstrickt zu sein, dass Tönnies und andere Betriebe  mit diesen Arbeitsbedingungen toleriert hat, dass viele von uns  an den Menschen aus Südost-Europa, die hier arbeiten und leben, mehr oder weniger  hat vorbei leben lassen. Hilft uns diese Geschichte aus der Verstrickung der meisten von uns, immer noch viel zu stark unseren Wohlstand über eine wirksame Klimapolitik und das Tierwohl zu stellen?

Vielleicht ist es auch weniger die biblische Geschichte selbst, die hilft. Eher  kann sie uns auf eine Spur setzen: Auf die Spur des gekreuzigten Jesus Christus, der unter uns lebendig ist.

Und ich frage mich: wie ist eine Begegnung mit ihm möglich?  Eine Begegnung; die uns nicht im Schrecken lässt, sondern in Bewegung bringt: in seiner Nachfolge?

Amen.

Ihr Pfarrer Stefan Salzmann

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