Predigt zum Ewigkeitssonntag 2020 von Pfarrerin Wiebke Heine - Evangelische Kirchengemeinde Gütersloh

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

Liebe Gemeinde,

für uns alle ist dieser Tag heute ein bedeutender und auch schwieriger Tag. Wir gedenken der Menschen, die wir loslassen mussten und vielfältige Erinnerungen an das, was wir mit ihnen erleben durften und durchmachen mussten, kommen in uns hoch. Jede und jeder unter uns hat die unterschiedlichsten Gedanken und Gefühle.

Der eine denkt an seine Mutter, die ihm stundenlang Geschichten vorgelesen hat und immer ein tröstendes Wort hatte, wenn man traurig war. Die andere erinnert sich an ihren Vater, der Schränke in ihrem neuen Schlafzimmer aufgebaut hat und immer mit einer helfenden Hand zur Stelle war. Wieder ein anderer trauert um seine Ehefrau, die eine begnadete Köchin war und deren Sauerbraten er doch so gerne nochmal kosten würde. Eine trauert um ihren Mann, den sie als unendlich liebevollen Vater der gemeinsamen Kinder in beschrieben hat, dem nie etwas, das die Kinder von ihm wollten, zu viel wurde. Diese und viele andere Geschichten habe ich gehört, wenn ich bei Familien zu Gast war, die einen Angehörigen verloren haben. Oft kam der Tod als Freund, das Nachlassen der Kräfte und langes Leiden waren voran gegangen, und in alle Trauer mischte sich ein leises Gefühl der Dankbarkeit und auch der Erleichterung, dass der geliebte Mensch von seinem Siechtum erlöst war.

Aber es gab auch die anderen Geschichten. Familien, die gehadert haben, weil der geliebte Angehörige viel zu früh gehen musste, wo eine schreckliche Krankheit oder ein grausamer Unfall zuschlug und das nagende Gefühl blieb, dass dieses Leben eigentlich nicht zuende gelebt werden durfte, dass der Tod den Menschen förmlich aus dem Leben gerissen hat. Dass dieser Mensch noch so viele Pläne hatte, dass er noch so vieles vor hatte und dass mancher Wunsch, den er ans Leben hatte, nun unerfüllt bleiben muss.
Und es soll nicht verschwiegen werden, dass es auch Menschen gibt, die den Tod ihres Angehörigen als Befreiung empfunden haben, weil das Zusammenleben mit ihm sich oft als schwierig erwies und als Last empfunden wurde, wo viel Unausgesprochenes zurück bleibt, das hier auf Erden nun nicht mehr bereinigt werden kann.

Mit all den Gefühlen, den positiven wie den negativen, den bereichernden wie den belastenden, gedenken wir heute der Menschen, die wir in diesem oder den Jahren zuvor zu Grabe getragen haben.

Mit all unseren Erinnerungen und Gedanken, den je ganz eigenen, hören wir die biblischen Worte, die uns überliefert sind im 14. Kapitel des Johannes-Evangeliums:

Jesus sagt: In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten? Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin. 

Jesus richtet diese Worte an seine Jünger mit der Absicht, ihnen  Mut zu schenken, Angst zu nehmen, Trost zu spenden - und so, wie die Jünger diese Worte hören konnten, können wir das auch. Mit diesem hier beschriebenen Bild von der Wohnung im Hause Gottes können wir wohl unmittelbar etwas anfangen.  Hier auf Erden haben wir alle eine Wohnung, einen Ort, der für uns Zuhause bedeutet, Geborgenheit und Rückzug vermittelt. Und so spricht dieses Bild von der Wohnung, die Gott für uns bereit hält, etwas Vertrautes, etwas Gewohntes an und darin liegt der Trost, den dieses Bibelwort für uns bereit hält. Auch nach unserem Tod bleiben wir bewahrt, haben wir eine Wohnung, einen Ort, an den wir gehören, sind wir bei Gott bewahrt und aufgehoben in Zeit und Ewigkeit. „Es ist noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes“, so sagt es der Hebräerbrief. Dass unsere Verstorbenen nun Ruhe gefunden haben, Ruhe von aller Last und allem Leid und allem Gebunden sein hier auf Erden, dass sie sich nun an einen Ort des Friedens und der Geborgenheit, wie es ihn nur bei Gott geben kann, befinden, das ist es, was wir für unsere Verstorbenen erhoffen und erbeten – und was wir uns auch dereinst für uns selbst wünschen.

Die Wohnungen im Hause Gottes, die Ruhe, die für das Volk Gottes vorhanden ist - all diese Bilder umschreiben das, was wir Christen von dem glauben, hoffen, wünschen, was uns nach dem Tode erwartet. Wir glauben eben nicht, dass die Seele der Verstorbenen in einem ewigen Kreislauf von Vergehen und Wiedergeboren werden gefangen ist. Wir glauben eben nicht, dass mit dem Tod alles aus und vorbei ist, dass wir im Tod verloren gehen und von uns nichts bleibt als verblassende Erinnerungen derer, die wir liebten und von denen wir geliebt wurden. Als Christenmenschen haben wir eine andere, eine größere Hoffnung. Wir finden Trost in der glaubenden Erwartung, dass wir am Ende zur Ruhe kommen werden, Frieden finden, geborgen sind in der Hand Gottes. Bei ihm werden wir ein neues Leben, eine neue Zukunft finden. In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen - uns erwartet etwas Neues, etwas Gutes, eine ewige Heimat, in der es keinen Tod mehr geben wird, kein Leid und keine Schmerzen.

In dieser Hoffnung gedenken wir heute all derer, die uns in die Ewigkeit voran gingen...

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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