Corona-Belastung, Flüchtlingselend und Osterhoffnung - Evangelische Kirchengemeinde Gütersloh

Ich möchte mich kurz vorstellen,mein Name ist  Ernst Klinke, 71 Jahre alt, arbeite im AK Asyl mit und war bis vor einigen Wochen als Presbyter der Kirchengemeinde tätig.

Wir haben ein besonderes, hoffentlich für viele Jahre einzigartiges Corona-geprägtes Osterfest erlebt. Die Pandemie verbreitet Angst und schränkt unsere Lebensgestaltung stark ein. Familienfeste und Begegnungen fallen aus, Zuhause Bleiben ist angesagtes Zauberwort.
Das Fest der Auferstehung Jesu konnten wir nicht miteinander in unseren Kirchen feiern. Das fiel uns schwer, aber wir haben in unserem Gemeindeleben auch neue kreative Wege gefunden uns in Gebeten und Gottesdiensten zu verbinden. Übers Telefon haben wir gegenseitig Anteil an unserem Alltag nehmen und geben können.

Natürlich nerven mich die Beschränkungen. Selbstverständlich wünsche mir wieder einen alltäglichen Umhang mit meinen Enkelkindern.

Aber wir wissen: die Kontakteinschränkungen sind angemessen und notwendig zum gegenseitigen Schutz. Wir können die Erschwernisse annehmen. In den Fürbitten der Gottesdienste konnten wir unsere Sorgen vor Gott bringen und ihn um Schutz und Beistand bitten.

Zu Ostern 2020 gibt es aber auch ganz andere Wirklichkeiten:
Vier Boote mit 250 Menschen sind Ostern im Mittelmeer in Seenot geraten. Drei Tage lang haben die europäischen Staaten die Meldungen an die Seenotrettungsleitstellen ignoriert. Statt die Menschen zu retten, forderte Malta Handelsschiffe in der Umgebung auf, zu helfen - zusammen mit der Warnung, dass sie die Schiffe nicht in den Hafen einfahren lassen werden. Mindestens ein Boot ist gesunken und die Männer, Frauen und Kinder sind vermutlich ertrunken.

Ein Rettungsschiff einer italienischen Freiwilligenorganisation konnte 47 Menschen aus Schlauchbooten vor Malta aufnehmen, aber in keinem Hafen in Malta oder Italien die Menschen an Land gehen lassen.
Auf einem deutschen Schiff sind 150 gerettete Menschen seit Tagen gefangen. Das Bundesinnenministerium ruft dazu auf, die Rettung wegen der Corona-Pandemie einzustellen. Europäische Regierungen lassen Menschen ertrinken, statt sie zu retten.

Aus katastrophalen, eigentlich dringend aufzulösenden griechischen Flüchtlingslagern werden - wenn überhaupt - beschämend wenige Aufnahmen versprochen und sehr zögerlich ansatzweise umgesetzt. Die mindestens ebenso überfüllten, oft mit noch schlechteren "hygienischen" Standards in Afrika werden nur von "Experten" wahrgenommen.

In Deutschland werden zur Abfederung der wirtschaftlichen Coronafolgen Milliarden Euros bewegt. Tausende Spargelerntehelfer und über 200.00 deutsche Urlauber werden eingeflogen.

Während wir in Deutschland um jedes Menschenleben kämpfen, ZUHAUSE BLEIBEN zentrale Aufforderung ist, lassen die Bundesregierung und die EU Menschen im Mittelmeer ertrinken und unter unhaltbaren Zuständen auf den griechischen Inseln festsitzen.
Jeder Mensch braucht ein Zuhause. In NRW haben sich viele Städte - auch Gütersloh - zu sicheren Häfen und bereit erklärt, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen.

Diese Menschen brauchen unser Gebet und die Hoffnung, die uns Gott durch Jesu Auferstehung schenkt. Jesus hat den Tod überwunden. Er, der immer an der Seite der Schwachen und Leidenden war, hat uns die Botschaft der Liebe hinterlassen und fordert uns zur Nachfolge auf.

 

Lassen wir nicht nach im Gebet!

In der Nachfolge Jesu sehe ich uns aber auch aufgefordert, in seinem Sinne gesellschafts- und europapolitisch Position zu beziehen - lebendig, kräftig und schärfer .

In Krisen zeigen sich tatsächlich vorherrschenden Wertvorstellungen auch in der deutschen und den europäischen Gesellschaften.

Setzen wir uns dafür ein, dass sie sich politisch handfest aufstellen für Menschenrechte und -würde zuerst.

So lasst uns die Osterhoffnung in die Welt tragen! Dafür werden wir gebraucht.

Abschließend lade ich Sie herzlich ein zu einem Gebet:

Wir rufen Dich an, gütiger Gott, und bitten für alle Menschen, die am Corona-Virus durch Infektion, an der Angst davor oder unter den zum Schutz nötigen sozialen Einschränkungen leiden.
Sei Du bei den Kranken und Sterbenden. Inspiriere uns mit Deinem Geist zu Aufmerksamkeit und gegenseitigem Beistand.

Wecke uns immer wieder auf, nicht bei unseren Sorgen hängen zu bleiben.

Mach uns stark, das furchtbare Leiden von Menschen anzusehen, die fliehen müssen und dabei in Lebensgefahr geraten. Ermutige uns, die Forderungen nach Nächstenliebe, die Jesus uns vererbt hat, immer wieder für die Gestaltung von Politik in Gütersloh, Deutschland und Europa praktisch  einzufordern.

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