Andachten / Impulse Archive - Seite 18 von 22 - Evangelische Kirchengemeinde Gütersloh

Der Stoff, aus dem die Träume sind

Predigt zu 1. Kor 15,19-20 am Ostersonntag 2020 von Pfarrer Michael Frentrup

Liebe Gemeinde, am Osterfest erinnern wir uns an die Ostergeschichte vom leeren Grab gehört. Es ist der Ausgangspunkt für den Osterglauben: „Christ ist erstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.“ Das ist eine Botschaft, die mit ihrer Kraft weit über unser Leben auf der Erde hinausreicht.

Paulus schreibt in seinem 1. Brief an die Gemeinde in Korinth im 15. Kapitel:

19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.
20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.
 21 Denn da durch "einen" Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch "einen" Menschen die Auferstehung der Toten. 22 Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden.

 

Liebe Gemeinde, es ist Ostern. Die Natur erwacht in bunten Farben – und das Erwachen neuen Lebens im Garten ist seit altersher ein Gleichnis für die Auferstehung, für die Hoffnung auf ewiges Leben gar.

Ostern, da singen wir Lieder, laut und voll der Auferstehungshoffnung, da nehmen wir den Mund ganz voll und singen:  „Wir wollen alles fröhlich sein in dieser österlichen Zeit, denn unser Heil hat Gott bereit.“ „Lasst uns lobsingen vor unserem Gott, der uns erlöst hat vom ewigen Tod – Halleluja“ – so klingt die Osterfreude in unseren Liedern an.

Es ist Ostern, und da sind wir ganz auf Licht und Leben eingestimmt und singen vom Sieg des Lebens über den Tod. Und wenigstens für kurze Zeit ist da das Gefühl: Alles ist gut!

Es ist Ostern - der Stoff, aus dem die Träume sind.

 

Doch – ist wirklich alles gut? Ist er wirklich besiegt, der Tod?

Noch hockt er doch überall. Noch ist es, wie es immer war. Trotz Ostern scheint die Macht des Todes ungebrochen:

Täglich sterben Tausende durch das Corona-Virus – und niemand kann sagen, wann das zuende ist. Und niemand kann sagen: Mich betrifft es nicht! Viele haben Todesangst vor dem Unbekannten.

Noch gehen Menschen mit nichts als dem, was sie am Leibe tragen, auf die Flucht und werden an den Grenzen Europas in Lager gesperrt.

Noch stirbt etwa alle 10 Sekunden ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Unterernährung.

Noch verändert sich das Klima von Jahr zu Jahr und dadurch werden immer mehr Menschen die natürlichen Lebensgrundlagen entzogen.

Und noch immer, und immer wieder gibt es die kleinen und größeren persönlichen Todeserfahrungen, Katastrophen und Krankheiten, die Dunkelheiten und die Sackgassen, die Menschen am Leben und an Gott zweifeln lassen.

„Halleluja“ - Unser österlicher Jubelruf wird falsch, wenn er das einfach übergeht.

Wir singen „Christ ist erstanden“ und bitten zugleich : „Kyrie eleison – Herr, erbarme dich.“ Denn noch ist der Tod nicht aus der Welt.

 

In Korinth, zur Zeit des Paulus, gab es Christen, die mit dem Tod und mit der Welt des Todes nichts mehr zu tun haben wollten. Sie sagten: Christus ist von den Toten auferstanden, und wir sind mit ihm auferstanden; was kümmert uns die Welt, zu der wir doch nicht mehr gehören. Auferstehung, Aufleben, Neues Leben – wir haben ihn schon in der Hand, den Stoff, aus dem die Träume sind. Alles ist gut!

Diesen Leuten hält Paulus in seinem Brief entgegen:  „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.“

„ Ihr Enthusiasten in Korinth“, sagt er damit, „Ihr seid vor allem begeistert, weil Ihr euch auf der Sonnenseite des Lebens Seite wähnt. Weil Ihr stolz seid, zu den Auserwählten zu gehören. Weil Ihr selbstzufrieden meint, euch nun um nichts mehr kümmern zu müssen. Ihr verschließt die Augen vor der Realität und redet euch ein: Alles ist gut. Das ist der Stoff, aus dem eure Träume sind. Mit dem Ihr euch beruhigt und betrügt.“

 

Liebe Gemeinde, „Der Stoff, aus dem die Träume sind“ – ich will diesen Begriff heute einmal ganz material interpretieren und mir darunter einen aus vielen Fäden gewebten Stoff vorstellen.

Paulus nimmt den Stoff, aus dem die Träume der Enthusiasten in Korinth sind, in die Hand.

Er testet diesen Stoff am wirklichen Leben mit all seinen Herausforderungen – und der zerfällt ihm in den Händen, wie alles, was sein Heil nur in diesem irdischen Leben sucht.

Der Stoff, aus dem die Träume der Korinther sind: Nur trockene Gewebebrösel, die nicht halten, was sie versprechen, nicht im Leben und nicht im Sterben.

 

Paulus nimmt einen anderen Faden in die Hand, den Faden des Glaubens und der Hoffnung. Und er hält den Leuten in Korinth einen anderen Stoff vor Augen.

Ostern geht es nicht um den Stoff, aus dem unsere Träume für ein gelingendes Leben, für Wohlergehen und Glück sind, sondern um den Stoff, aus dem die Träume Gottes für uns Menschen sind.

Gott fädelt das Leben neu ein und webt ein neues Band, an dem wir uns festhalten können:

Den Osterglauben nämlich, die Hoffnung, dass es einst so sein wird, dass wir keinen Tod und nichts Tödliches mehr erleben werden.

Den Glauben, dass in der Auferweckung Jesu die Wende zum Leben schon geschehen ist.

Dass trotz allem das Leben über den Tod siegt.

Und auch: Dass wir noch nicht am Ziel sind, aber auf dem Weg, den Gott uns zeigt.

Der Stoff, aus dem die Träume sind, er bekommt ein österliches Motiv: Nicht das des jubelnden Menschen inmitten von grünem Gras, Osterhasen und bunten Eiern, sondern das Bild Jesu Christi, der durch Leiden und Tod hindurchgegangen ist und zum Leben auferweckt wurde.

 

Liebe Gemeinde, der Stoff, aus dem Gottes Träume für uns sind, das ist der Stoff des Osterglaubens. Er lässt durchhalten in all dem, was uns Angst macht, was tödlich und sterblich ist. Mit ihm können wir leben und arbeiten. Er ist strapazierfähigund hält viel aus.

Er ist dazu da, dass wir ihn je nach Situation benutzen:

Als Verbandsstoff für die Verletzten,

als Tränentuch für die Traurigen,

als bunte Fahne für die, denen alles grau und schwer geworden ist,

als Regenbogentransparent für die Hoffnung, die Menschen zusammenhalten lässt angesichts der Krise.

als Banner für Schöpfungsbewahrung und Menschenrechte weltweit.

Der Stoff des Osterglaubens, aus ihm kann auch eine ganz persönliche Siegesfahne über alle Todesängste und -gefahren des  Alltags werden.

 

Liebe Gemeinde, es ist Ostern. Neuer Stoff für neue Träume, die Gott mit uns träumt:

Geistlich und spirituell - und auch ganz handfest erlebbar, neues Leben mitten im alten..

Leiblich, schreibt Paulus, wird die Auferstehung am Ende der Tage sein,

und leiblich erfahrbar, begreifbar wie ein reißfester Stoff, ist schon jetzt Gottes Traum für eine bessere Welt.

Ostern - wie im Himmel so auf Erden.

Denn: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja.


Gebet

Barmherziger Gott, da wir nun Ostern feiern,
hören wir wieder von der Unverwüstlichkeit der Lebenskraft deiner Liebe
und wir hören diese Botschaft gerade in dieser Zeit,
in der wir in Ängsten vor dem Corona-Virus leben,
als besonders trost- und hoffnungsvolle.

Du hast Jesus Christus, dem von Menschen Geschundenen und Zerstörten,
aus dem Tod heraus neues Leben bei dir geschenkt.

Gib auch uns die Stärke an deine Macht
über alles Zerstörende und Tödliche zu glauben,
so daß auch wir schon jetzt beginnen,
alles Zerstörende zu überwinden und neues Leben finden,
das bei dir vollendet wird.

Amen.

 

Ein Glaubensbekenntnis

Ich glaube,
dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,
Gutes entstehen lassen kann und will.
Dafür braucht er Menschen,
die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube,
dass Gott uns in jeder Notlage
soviel Widerstandskraft geben will,
wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst
vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube,
dass Gott kein zeitloses Fatum ist,
sondern dass er auf aufrichtige Gebete
und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

(Dietrich Bonhoeffer)

 

 

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Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe. (Psalm 22,2.3)

 

Liebe Leserin, lieber Leser!

Ärzte, die bis zur völligen Erschöpfung um das Leben ihrer Patienten ringen. Die weinende Krankenschwester, die ihre Angst in die Kamera schreit, weil sie ohne Schutzausrüstung Corona-Patienten versorgen muss. Infizierte, die einsam auf Krankenhausfluren sterben, ohne sich von ihren Lieben verabschieden zu können. Das geschieht nicht in armen Ländern weit, weit weg in Afrika oder Südamerika, das geschieht hier in unserer europäischen Nachbarschaft.

Die Bilder fressen sich in meinen Kopf, ich mag gar nicht mehr hinsehen, mag die Nachrichten und Sonderreportagen nicht mehr ansehen. Und doch kann ich den Blick nicht abwenden. Sauge fast täglich die neuesten Berichte, Statistiken und Prognosen in mich auf.

So viel Leid, so viel Verzweiflung, so viel Tod! Dank der Medien bin ich bin immer informiert, bin mittendrin in der Pandemie, ob in Europa, den USA oder Asien. Dazu diese Angst: Was, wenn vielleicht auch hier die Krankenhausplätze nicht mehr reichen, wenn Menschen sterben müssen, die mir lieb sind?

Heute ist Karfreitag, der Tag. Wir Christenmenschen denken an Leid und Sterben Jesu. Weil Gott seine Welt liebt, hat er ihr seinen Sohn gesandt. Erfüllt von Gottes Liebe, hat Jesus viele Menschen begeistert, getröstet und geheilt – und etliche gegen sich aufgebracht. Und dann wird er verraten und gefoltert und stirbt elend am Kreuz. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, so Markus und Matthäus, waren seine letzten Worte.

Dazu drängt sich mir das drastisch-realistische Kreuzigungsbild des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald in den Kopf. Ursprünglich war es als Trost für Kranke gedacht. Wenn sie es ansahen, sollten sie erfahren: Gott ist bei mir in meinem Leid und meiner Angst, ich bin nicht allein. Das sollte sie stärken und ihre Schmerzen vergessen lassen. Ob es wohl gewirkt hat?

Ich gebe zu: Mich tröstet dieses Bild nicht. Aber ich brauche heute ein Bild des Trostes und der Hoffnung, das ich gegen all die Schreckensbilder setzen kann. Und was kann dies am Karfreitag anderes sein als das Bild des Gekreuzigten?

In dem kleinen Andachtsbuch „Dein Tod ist unser Leben“ von Jörg Zink finde ich schließlich die Geschichte des „Balzer Herrgotts“ wieder. Sie hat mich schon vor vielen Jahren angerührt. Vielleicht geht es Ihnen ebenso.

Am Berghang über dem Tal von Wildgutach im Hochschwarzwald steht eine mächtige alte Buche. In den jahrhundertealten Stamm ist eine Christusfigur eingewachsen. Um ihre Herkunft ranken sich einige Legenden. Vermutlich gehörte die Sandsteinfigur zu einem eisernen Hofkreuz. Es wurde 1844 durch eine Lawine beschädigt, der Christus verlor Arme und Beine. Um 1900 wurden die Reste des Kreuzes mit dem Korpus an dem Baum befestigt. Als nun die Buche weiterwuchs, rieb sich der Stamm wund an dem Eisen und begann, um die Stäbe herumzuwachsen. Im Laufe der Jahrzehnte hat der Baum auch den Gekreuzigten immer weiter in sich aufgenommen und mit lebendigem Holz umhüllt. Was für ein hoffnungsvolles Bild!

Hart wie Stein, kalt wie Metall, so begegnet uns der Tod, besonders in dieser Zeit des massenhaften Leidens und Sterbens. Doch, so führt uns der „Balzer Herrgott“ vor Augen, der Tod hat nicht das letzte Wort. Ein Lichtstrahl des Ostermorgens erhellt schon den Karfreitag. Wie das lebendige Holz den toten Stein umschließt, so umhüllt Gottes Liebe Jesus auch im Tod und bringt ihn zu neuem Leben. Nicht ohne Angst, Verletzung und Schmerz, sondern durch Angst und Leid und Tod hindurch führt der Weg zum Leben. Für Jesus und für uns. Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen sind, ihm gleich geworden in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein (Römer 6,5). Dieses Vertrauen schenke Gott uns allen. Amen.

Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht,
ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht.
Kyrie eleison, sieh wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn. (Evangelisches Gesangbuch 97, Strophe 1)

Gott segne und behüte Sie.

Ihre Pfarrerin Kerstin Jacobsen

(Balzer Herrgott. Foto: Winfried Rothermel / epd, gefunden auf www.landeskirche-hannovers.de)

Liebe Mitmenschen,

Heute ist Gründonnerstag. Heute war Jesus ein letztes Mal mit seinen Freunden zusammen, sie aßen. Beim Essen lässt sich besonders gut reden. Aber an diesem Abend wollten gar keine Gespräche aufkommen. Alle hatten Angst vor dem, was kommen würde: der Abschied von Jesus. Er sah, wie müde und traurig seine Freunde waren. Jesus ahnte, dass, wenn er auf eine neue, eine andere Weise als bisher bei ihnen bleiben würde, es für sie einfacher wäre, wenn er nicht mehr bei ihnen sein würde. Darum nahm er das Brot und den Kelch, stiftete die Gemeinschaft und sagte: „Tut es immer wieder: euch erinnern an mich und Brot mit Kelch teilen!“ Seine Freunde konnten es noch nicht so recht verstehen, was das bedeuten sollte. Doch eines haben sie genau gespürt: Jesus hat ihnen in ganz besonderer Weise seine Liebe geschenkt. Er wird immer bei ihnen sein, gleich wie‘s kommen mag. Die zugesagte Gemeinschaft mit Gott wird sie stärken, wenn Jesus sie allein zurück lässt. Das gibt Trost.

Gern hätten wir diese Gemeinschaft heute Abend in unseren Kirchen und Gemeinde­häu­sern gefeiert. Aber wir müssen Abstand halten.

In diesem Jahr fällt der Gründonnerstag auf den 9. April. Heute vor 75 Jahren wurde Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg erhängt, – kurz vor Ende des Krieges.

1906 war er mit seiner Zwillingsschwester in eine gutbürgerliche, akademische, nicht unbedingt religiös geprägte Welt geboren worden.

Schon früh entdeckte Dietrich Neugier für alles, was den nüchternen Verstand überschreitet. Später studierte er Theologie. Schon Anfang der 30er Jahre wurde Dietrich Bonhoeffer Studentenpfarrer und Privatdozent an der Berliner Universität. Er entdeckte eine große Bedeutung in der Bergpredigt Jesu, beginnend mit den Seligpreisungen:

3 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
5 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
7 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
8 Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. 9 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.

(Matthäus 5, 3 – 10)

In seinem Buch „Nachfolge“ schreibt Bonhoeffer: „Die Jesus nachfolgen, werden hungrig und durstig auf dem Weg. Nach Vergebung aller Sünden und völliger Erneuerung tragen sie Verlangen nach dem Neuwerden der Erde und vollkommener Gerechtigkeit Gottes. Noch deckt der Fluch der Welt diese zu, noch fällt die Sünde der Welt auf sie. Der, dem sie nachfolgen, muss als Verfluchter am Kreuz sterben. Ein verzweifeltes Verlangen nach der Gerechtigkeit ist sein letzter Schrei: mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Der Jünger aber ist nicht über seinen Meister. Ihm folgen sie nach. Selig sind sie darin, denn ihnen ist verheißen, dass sie satt werden sollen. Gerechtigkeit sollen sie empfangen, nicht nur durchs Ohr, sondern leibliche Sättigung mit Gerechtigkeit soll ihnen widerfahren. Das Brot des wahrhaftigen Lebens sollen sie essen im zukünftigen Abendmahl mit dem Herrn. Um dieses zukünftigen Brotes willen sind sie selig; denn sie haben dieses Brot ja schon gegenwärtig. Der das Brot des Lebens ist, ist in all ihrem Hunger unter ihnen.“
(S. 60)

Friede wurde zum zentralen Thema für Bonhoeffer. Er ließ nicht gelten, dass die Gebote der Bergpredigt nur einen bestimmten Bereich des Lebens betreffen. Schon 1934 forderte er ein großes oekumenisches Konzil der weltweiten Heiligen Kirche Christi, damit sie den Menschen die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet.

Für kurze Zeit – in Folge eines Lehrverbotes – geht Dietrich Bonhoeffer nach London als deutscher Pfarrer, wurde dann Leiter des Predigerseminars in Finkenwalde. Dort entstand das Buch „Nachfolge“. Nachfolge – so schreibt er – sei die Lösung aller bisherigen Bin­dungen, sei stattdessen die Bindung an die Person Jesu Christi. Letztlich sei Nachfolge Leidenmüssen, das Leiden Gottes an der Welt zu teilen. Dieser ist nicht allmächtig, sondern offenbart sich in der Schwachheit, im Leiden, – bis zum Tod am Kreuz: Nur der leidende Gott kann helfen. Wie gut, dass wir in dieser Woche die Gelegenheit haben, uns dessen wieder bewusst zu werden! Auch wenn wir die Gemeinschaft unter einander heute beim Feierabendmahl nicht haben können, dürfen wir sicher sein, dass wir aus der Gemeinschaft mit (dem leidenden) Gott nicht fallen.

Nach der Schließung des Finkenwalder Predigerseminars und Reisen zu oekumenischen Partnern ging Dietrich Bonhoeffer in den Widerstand, – als Konsequenz seines theologischen Denkens. Er arbeitete inzwischen an seiner „Ethik“, einem Buch, das nicht mehr fertig geworden ist und das sein Freund Eberhard Bethge nach dem Krieg heraus­gegeben hat. Immer bedeutender wird Bonhoeffer die Frage, wie eine kommende Generation weiterleben kann. Als Aufgabe für die Menschen in der Nachfolge nennt er das Beten und (dann) das Gerechte zu tun.

Am 5. April 1943 wurde Bonhoeffer festgenommen. Zum Jahresende auf 1945 schreibt er die uns so wertvollen Zeilen „Von guten Mächten“. In seiner langen Haftzeit war er dank seines Gottvertrauens für manchen Häftling eine Beruhigung. Als Dietrich Bonhoeffer am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg erhängt wurde, sollen seine letzten Worte gewesen sein: „Dieses ist nicht das Ende, sondern der Anfang meines Lebens.“

Ich möchte gern noch auf dieser Erde für mehr Gerechtigkeit eintreten und hoffe, dass das Corona-Virus das einmal wieder mehr zulässt als im Augenblick möglich, aber ich freue mich auch auf das Mahl in Gottes ewiger Welt. Diese Freude möge uns durch diese Zeit tragen, denn

„Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

 

Bleiben Sie behütet!

Ihre Pfarrerin Erika Engelbrecht

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