Andacht zum Sonntag Exaudi, 24.Mai 2020 von Pfarrer Ulrich Klein - Evangelische Kirchengemeinde Gütersloh

Predigt: Exaudi, 24.05.2020, Jer. 31,31-34

31 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen,

32 nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR;

33 sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein.

34 Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

 

Liebe Gemeinde,

ja, es ist oft schwierig – das mit unserem Verhältnis zu Gott.
Wenn es uns gut geht, vergessen wir ihn gerne.
Und wenn einmal etwas nicht so läuft, wie wir es uns gewünscht haben, dann hadern wir mit ihm und fragen wo er denn sei und warum er nicht eingreift und hilft.
Und in den Zeiten der Pandemie sprechen sogar einige davon, dass dies Gottes Strafe für unseren Ungehorsam sei. Aber das ist natürlich völliger Quatsch.
Trotzdem: Nur zu gerne hätten wir Gott als jemanden an unserer Seite, der für uns verfügbar ist und den wir zu unserem Vorteil beeinflussen können.
Aber genau so ist Gott nicht.
Er ist für uns nicht verfügbar.
Und er lässt sich auch nicht durch uns manipulieren oder beeinflussen.
Gott ist mehr, als wir begreifen können.
Und auch sein Handeln können wir nicht „begreifen“ – im Sinne von: mit unseren Händen greifen und festhalten – mit unserem Verstand erkennen und verstehen.
Gott ist mehr und größer.
Und vor allen Dingen haben wir ihn nicht in unserer Hand.
Aber das Umgedrehte gilt: Gott hat uns in seiner Hand.
Nicht wir ihn – aber er uns !
Und seine Hand meint es gut mit uns – auch dann noch, wenn wir vielleicht einmal denken, dass sie uns zu fest drückt.

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Gerade haben wir einen Abschnitt aus dem Prophetenbuch des Jeremia gehört.
In diesem Abschnitt ging es auch um das Verhältnis zwischen Mensch und Gott.
Dabei erinnert der Prophet seine Zuhörerinnen und Zuhörer an die lange Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel.
An der Hand habe er dieses Volk genommen und aus der ägyptischen Sklaverei in die Freiheit geführt.
Genau an dieses Volk habe Gott sich gebunden.
Diesem Volk hat er seine Liebe geschenkt.
Er hat sich ihrer in ihrer größten Not angenommen.
Aber dieses Volk hat Gott nicht für sein Tun gedankt, sondern hat sich vielmehr von ihm abgewendet.
Es hat den Bund, den Gott mit ihm geschlossen hat, nicht erwidert, sondern gebrochen.
Und Gott ?
Er lässt sich „Gott sei Dank“ nicht so schnell von uns frustrieren.
Er kündigt vielmehr einen neuen Bund an, den er mit seinen Menschen schließen will.
Und jetzt sollen die Gesetze Gottes nicht mehr nur in Stein gemeißelt im Tempel von Jerusalem stehen,sondern seine Gesetze will Gott in die Herzen der Menschen geben.
Alle sollen so erkennen, dass er ihr Gott ist – und dass sie seine Menschen sind.
Sozusagen eine Verbindung von Herz zu Herz mit nichts dazwischen, was trennen könnte.
Und weil es immer etwas gibt, das uns von Gott trennt, nimmt Gott dies zuvor weg.
Wir haben ja von ihm gehört:
„Denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.“
Gott selbst nimmt weg, was uns von ihm trennt.
Er nimmt weg, was uns untereinander trennt.
Und er nimmt weg, was uns davon abhält die Menschen zu sein, zu denen er uns eigentlich erschaffen hat.
Und dann kann das auch klappen mit der Verbindung von Herz zu Herz – mit der Verbindung, bei der uns nichts von unserem Gott trennt.

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Aber wie gesagt: Das mit unserem Verhältnis zu Gott ist schwierig.
Denn zu selbstverständlich meinen wir, dass wir die Herren dieser Welt sind.
Nur zu gerne nutzen wir hemmungslos die Möglichkeiten dieser Erde anstatt sie verantwortlich „zu bebauen und zu bewahren“.
Immer weiter verschieben wir die Grenzen des Möglichen ohne die Konsequenzen zu bedenken oder auch nur zu kennen.
Wohin mit dem Atommüll ? Wir wissen es nicht wirklich.
Was ist mit dem Nitrat in unserem Grundwasser ?
Was ist mit dem Ausbreiten von multiresistenten Keimen durch den massenhaften Gebrauch von Antibiotika ?
Was ist mit den sogenannten Lieferketten ? Wollen wir uns wirklich für die Menschenrechte in Asien einsetzen oder doch nur lieber von einer billigen Produktion profitieren ?
Vom Klimawandel mit all seinen Folgen ganz zu schweigen ?
Für mich haben diese – und noch ganz viele weitere Fragen – mit unserem Verhältnis zu Gott zu tun.
Oder sollte ich besser sagen: Mit unserem „Nichtverhältnis“ zu ihm ?
Mit unserem Abwenden von ihm, wie es schon vor über 2 ½ tausend Jahren – wir haben es gehört – das Volk Israel tat ?
Überall da, wo wir Menschen meinen, wir brauchen Gott nicht, geht etwas schief.
Überall da, wo wir uns selbst zum Maßstab und uns selbst zu Göttern erheben, geht noch mehr schief.
Überall da, wo wir meinen Gott spielen zu können, schaufeln wir uns langfristig gesehen selbst unser Grab.
Haben wir nicht erst vor Kurzem erkennen müssen, wie wenig wir einen kleinen Virus im Griff haben ? Einen Virus, der in kürzester Zeit das Leben auf der ganzen Erde völlig auf den Kopf gestellt hat und immer noch stellt ? Wir sehen es ja auch an der Art, wie wir z.Z. Gottesdienst feiern müssen.
Und noch viel weniger gelingt es uns auf dieser Erde Frieden für alle zu erreichen – und eine gerechte Verteilung der Güter dieser Erde – und freien Zugang zu Schule und Gesundheitswesen – und zu sauberem Trinkwasser !
Denn genau das ist das Problem, dass wir Menschen meinen wir hätten alles selbst im Griff – und das Gegenteil ist der Fall.
Das ist unsere „Missetat“ und unsere „Sünde“ – wie wir es gerade aus dem Mund des Propheten gehört haben.
Wir haben noch nicht einmal diese Erde im Griff.
Wieviel weniger haben wir dann den Gott im Griff, der Schöpfer Himmels und Erdens ist !
Heute halten uns die alten Worte der Bibel einen Spiegel vor, in dem wir genau dies erkennen.

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Wir haben Gott nicht im Griff – aber er uns.
Und dabei meint er es gut mit uns, auch wenn seine Geschichte mit uns Menschen in vielen Teilen eine Geschichte der nicht-erwiderten Liebe ist.
Dabei will er genau mit seiner Liebe unser Herz anrühren.
Er will unser Gott sein und wir dürfen seine Menschen sein.
Lassen wir das doch einfach einmal zu und vertrauen uns ihm an – und vertrauen wir den Geboten, die er ebenfalls mitten in unser Herz pflanzt.
Sie wollen uns helfen Mensch zu sein – im Gegenüber zu unserem Gott und im Miteinander zu allen Menschen hier auf der Erde.
Werden wir demütiger, denn wir sind nicht die Herren dieser Erde.
Werden wir verantwortlicher in unserem Umgang mit dem, was Gott uns anvertraut hat.
Und werden wir achtsamer im Umgang miteinander.
Und vertrauen wir einfach darauf, dass es gut ist, dass Gott uns in seiner Hand hält – auch wenn wir ihn manchmal in dem, was geschieht und was er zulässt, nicht verstehen.
Dann ist unser Vertrauen darin gefragt, dass er trotzdem unser Gott ist und wir seine Menschen sein dürfen.

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Das alles sagt der Prophet schon vor über 2 ½ tausend Jahren den Menschen in Israel und Juda.
Und wir, die wir gerade vom Osterfest herkommen, wissen, dass diese Worte Gottes bis heute auch für uns gelten.
Vertrauen wir ihnen – mehr, als wir uns selbst vertrauen, und auch mehr, als wir anderen Menschen vertrauen.
Vertrauen wir uns immer wieder neu dem Gott an, der „unsere Missetat vergibt und an unsere Sünde nimmermehr gedenkt“.
Der mit seinem Herz auch unser Herz anrührt.
Der uns an die Hand nehmen will, damit wir zusammen mit ihm das Leben auf dieser Erde gestalten.
Oder ganz einfach mit den Worten Gottes aus unserem Text gesagt:
„Sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein.“
Lassen wir zu, dass es so ist !

Amen.

Ihr Pfarrer Ulrich Klein

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